Das Coaching-Paradoxon: Theorie ist wichtig - die Umsetzung ist jedoch der Schlüssel zum Erfolg. Coaching ist gerade für Neueinsteiger eine seltsame Sache: Häufig funktioniert sie nicht.
Zumindest kommen etliche Führungskräfte zu diesem Schluss, nachdem sie über Coaching in Zeitschriften gelesen, sich Bücher gekauft, manchmal sogar die Zeit fanden, sie zu lesen, und etliche Coaching-Seminare besucht haben.1. Schritt
Schaffen Sie sich ein Bewusstsein dafür, in welcher Rolle Sie sich befinden: Wählen Sie den entsprechenden "Hut".
Glücklicherweise
gibt es auch verständnisvolle Ehepartner und gute Eltern. Diese werden nicht als solche geboren. Sie beherrschen lediglich einen kleinen Trick. Eine
Mutter sagt: "Ich merke recht gut, wann meine Tochter die Mutter, und wann sie die Freundin in mir braucht." So einfach kann Rollentrennung sein:
Wenn man's merkt. Das Entscheidende beim Hütetausch ist nämlich, dass er ganz automatisch und unbewusst passiert: "Hoppla, was geschieht denn hier?
Komm her, mach das, tu dies!" Aber was unbewusst passiert, können Sie sich jederzeit bewusst machen. Indem Sie sich einfach selbst beobachten,
während Sie mit Mitarbeitern sprechen. Das tun Sie ohnehin ständig: "Warum zwickt mein Kragen heute so? Ich fasse ihn viel zu sachte an. Wenn der
noch einen Ton vom Auftrag Meier sagt, werde ich ungehalten!" Dieser innere Dialog läuft permanent ab.
Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung
Diese Trennung zwischen Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung ist uns aus der Führungstheorie bekannt. Früher wurde von der idealen Führungskraft
erwartet, dass sie gleichermaßen aufgaben- wie mitarbeiterorientiert führt (altes Ideal). In der Praxis denkt die Führungskraft jedoch
schwerpunktmäßig an die Aufgabe, wenn Mitarbeiter rebellieren, in Passivität flüchten oder die innere Kündigung aussprechen (Führungspraxis). Vom
Coach wird nun verlangt, dass er die Führungspraxis auf den Kopf stellt und sich nur noch um den Mitarbeiter kümmert - während er coacht.
Das ist exakt das Gegenteil von dem, was wir täglich tun. Deshalb kostet es Überwindung, Konzentration und ständige Selbstbeobachtung. Bringen Sie diese Tugenden auf, hat Ihr Coaching Erfolg: Sie bemerken den drohenden Rollenkonflikt, bevor er akut wird, und können rechtzeitig gegensteuern. Wenn Sie sich selbst beobachten, behalten Sie den Coachinghut auf!
2. Schritt
Wählen Sie das richtige Coaching-Umfeld
Haben Sie einen Zufluchtsort, an dem Sie sich entspannen können? Viele Führungskräfte haben einen. Das ist ein privater Ort, an den sie sich abends
mit Glas und Lektüre zurückziehen und abschalten. Das geht ganz automatisch. Bei manchen ist es nicht die Leseecke, sondern der Trimmpfad, das
Sportstudio, das Kinderzimmer, der Golfplatz oder der Segelsee. Eines haben diese Zufluchtsorte gemeinsam: Sie brauchen nur daran zu denken -und
schon fühlen Sie sich besser. Man nennt das einen Raumanker: Der Raum verändert die Gefühlslage, die Motivation, die Stimmung, die Einstellung.
Die meisten Führungskräfte wechseln deshalb instinktiv auf "neutrales Territorium", wenn sie coachen. Denn hinter dem Schreibtisch setzt man
automatisch, unbewusst und instinktiv den Führungshut auf. Coaching braucht eine Coaching-Umgebung. Gehen Sie weg vom Schreibtisch
(Schreibtisch-Botschaft: Ich bin der Boss, du nur der Mitarbeiter.) und hinein in die Sitzecke. Manche Führungskräfte gehen sogar in einen besonders
angenehmen Sitzungsraum oder an einen anderen Ort mit entspannter Atmosphäre. Deshalb heißt das Wort ja auch: Gesprächsatmosphäre.
Keine Störungen
Sie hängt vom Umfeld ab. Dazu gehört auch, dass während des Coachings niemand stört. Denn sobald das Telefon läutet oder die Sekretärin hereinkommt,
muss die Führungskraft ja den Führungs-Hut wieder aufsetzen. Erstens irritiert dieser plötzliche Riss in der Rolle den Coachee und zweitens kriegt
der Coach danach nur schwer wieder den Coaching-Hut auf.
Wählen Sie deshalb die Coaching-Umgebung klug, fällt es beiden Beteiligten leichter, den Rollenwechsel zu akzeptieren. Ihnen fällt es leichter, den
Coaching-Hut aufzubehalten. Dem Mitarbeiter fällt es leichter zu glauben, dass sein Chef jetzt plötzlich sein Partner ist.
3. Schritt
Hören Sie nicht nur gut zu, sondern hinterfragen Sie auch, was Sie gehört haben
Die meisten Führungskräfte wissen, dass ein guter Coach in erster Linie gut zuhören muss. Also hören sie zu, wenn der Mitarbeiter sein Problem
auftischt: "Ich bin völlig zu mit Arbeit. So kann das nicht weitergehen. Selbst bei 2 Überstunden am Tag ist das nicht zu schaffen."
Aha, denkt die coachende Führungskraft, ich habe das Problem verstanden, ich kenne das. Das habe ich selbst schon erlebt. Und ich weiß, was mir
geholfen hat. Ich kenne die Lösung. Also sagt der coachende Vorgesetzte: "Das Problem kenne ich. Da müssen Sie einfach Ihre Prioritäten ganz scharf
setzen und zweitrangige Ziele konsequent delegieren, schieben oder ganz weglassen. Dann haben Sie auch genug Zeit für die Top-Prioritäten." Die
Antwort des Mitarbeiters: "Aber das habe ich doch schon gemacht. Das hilft mir nicht!"
An dieser Stelle landen sämtliche Coachings, die schief gehen, irgendwann. Und ab dieser Stelle geht es bergab. Der Coach rechtfertigt seinen
Ratschlag: "Dann müssen Sie das eben richtig machen. Haben Sie das überhaupt schriftlich fixiert?" Der Coachee rechtfertigt seinerseits seine
Ablehnung: "Jaja, das habe ich doch in dem Seminar gelernt."
Jetzt kontert der Coach mit einer erneuten Rechtfertigung seiner Lösung. Und so weiter. Am Ende dieser Abwärtsspirale ist die Beziehung zwischen Coach und Coachee praktisch futsch, die Zeit auch und das Gespräch hat nichts gebracht. Im Gegenteil. Es hat verheerende Kosten verursacht. Der Coach denkt nämlich: "Coaching funktioniert nicht." Der Coachee denkt: "Die Zeit hätte ich mir auch sparen können. Nächstes Mal löse ich meine Probleme wieder selbst."
Der Vorgesetzte des coachenden Vorgesetzten denkt: Erst schicke ich ihn auf das teure Coaching-Seminar, und jetzt kriegt er das nicht auf die Reihe? Ist er in seinem Job überfordert? Was ist passiert?
Die Coaching-Falle ist zugeschnappt
Der coachende Vorgesetzte hat einen Schnellschuss abgegeben. Was er nicht wusste, aber hätte wissen müssen: Es liegt nicht an den mangelnden
Prioritäten, sondern daran, dass der Coachee in einem Projekt feststeckt, das 30 % seiner Zeit frisst. Warum wusste der Coach das nicht? Weil er
nicht gefragt, sondern sofort einen Ratschlag gegeben hat.
Wir danken dem Fachverlag für Recht und Führung für diesen Beitrag aus dem Praxishandbuch - leiten - führen - motivieren.