Kunden, die sich beschweren oder reklamieren werden in vielen Unternehmen noch immer als lästig empfunden. Und so werden sie dann auch behandelt. Reklamationsmanagement ist in solchen Unternehmen ein Fremdwort oder fristet ein stiefmütterliches Dasein. Die Konsequenz daraus sind gestresste Mitarbeiter und gefrustete Kunden, die dem Unternehmen enttäuscht den Rücken kehren.
Dabei stecken gerade in Beschwerdeanrufen vielfältige Chancen für das betroffene Unternehmen - vorausgesetzt, die in diesen Gesprächen mitschwingende Beziehungsbotschaft („Ich fühle mich schlecht behandelt und will das auch sagen. Ich wünsche mir, das Sie zuhören und mir helfen“) wird erkannt und richtig genutzt. So dicht wie in Reklamationstelefonaten kommt ein Unternehmen an die Gefühle seiner Kunden kaum mehr ran.
Durch den versierten Umgang mit unzufriedenen Kunden kann schließlich die Kundenbindung nachhaltig erhöht und der Unternehmensgewinn gesteigert werden. Aus verschiedenen Untersuchungen ist bekannt, dass Kunden, deren Beschwerden zufriedenstellend bearbeitet wurden, davon rund einer Handvoll anderen Verbrauchern berichten. Negative Erfahrungen werden dagegen mehr als doppelt so oft weitergegeben (bad news travel fast).
1. Schritt: Volle Konzentration auf das Gespräch und den Anrufer
Suchen Sie sich, wenn möglich, einen ruhigen Platz, an dem Sie ungestört telefonieren können. Schieben Sie alles, was Sie von dem Telefongespräch
ablenken könnte, beiseite (störende Gedanken, Nebengeräusche, „Nebenbei-Arbeiten“. Zeitdruck usw.).
Stellen Sie sich vollkommen auf Ihren Gesprächspartner und das Gespräch ein. Überprüfen Sie Ihre innere und Ihre äußere Haltung. Machen Sie sich
bewusst, das Ihre Stimme hörbar macht, was Sie denken und fühlen. Halten Sie nötige Arbeitsmittel (Stift, Block, Beschwerdeformular o.ä.) bereit.
Ermutigen Sie den Anrufer, seinem Ärger erst mal richtig Luft zu machen.
2. Schritt: Aktiv Zuhören und Rückmeldungen geben
Lassen Sie den Anrufer ausreden, ohne ihn zu unterbrechen. Bieten Sie ihm ein Ventil, um Dampf abzulassen. Hören Sie währenddessen aufmerksam zu,
gehen Sie dabei mit allen Ohren auf Empfang. Hören Sie z.B. darauf, was Ihnen der Anrufer sachlich-faktisch mitteilt. Hören Sie aber auch, welche
Wünsche (Appelle) er zwischen den Zeilen äußert sowie darauf, was er über sich, seine Gemütsverfassung offenbart.
Versuchen Sie während Ihres konzentrierten Zuhörens parallel, seine Sprachmuster zu erkennen. Verwendet der Anrufer eher visuelle Redewendungen
(„Sie können sich gar kein Bild machen“, „Ich durchschaue die Sache bereits“)? Oder eher akustische („Das klingt nicht
überzeugend“, „Hört sich gut an“)? Oder eher sog. kinästhetische (empfindungsbezogene) Redewendungen („Ich spüre es ja
förmlich“, „Das liegt für mich auf der Hand“)? Diese Sprachmuster sind ein entscheidender Baustein Ihrer Beziehungsarbeit. Notieren
Sie für sich auf einem zweigeteilten Steno-Block was „gesagt/gehört“ wurde und was Sie für einen „Eindruck/ gefühlt“
haben.
Geben Sie dem Anrufer durch kleine eingeworfenen Bemerkungen zu erkennen, dass Sie ganz Ohr sind, ihn und sein Anliegen ernst nehmen(„Ah ja,
ich verstehe“, „Das interessiert mich“, „Und was passierte dann?“). Überhören Sie großzügig eventuelle
Angriffsformulierungen. Bieten Sie seinen Zorneswogen durch Ihr gesamtes Verhalten in dieser wichtigen Phase einen langen Sandstrand zum sanften
Auslaufen in immer kleineren Wellen, die schließlich versickern.
3. Schritt: Positive Beziehung herstellen und halten
Der Aufbau einer guten Beziehung stellt gerade in Reklamationsgesprächen eine ganz entscheidende Weiche für den weiteren Gesprächsverlauf. Die
positive Beziehung ist Fundament und Brücke zugleich, um darauf gemeinsam zu einer vernunftorientierten Lösung zu gelangen. Beim Aufbau der
Beziehungsbrücke ist Fingerspitzengefühl und gutes Timing gefragt.
Erspüren Sie genau den Moment , in dem die erste Wut Ihres Gesprächspartners allmählich verraucht ist und er bereit und vor allem auch fähig ist,
etwas aufzunehmen. Sprechen Sie ihn mit seinem Namen an (auch im weiteren Gesprächsverlauf und zum Gesprächsabschluss). Drücken Sie Ihr aufrichtiges
Verständnis für seine Gefühle aus („Herr/Frau... ich kann gut nachvollziehen, dass Sie sich da geärgert haben! Vor allem, weil ...!“).
Erwecken Sie in Ihrem Gesprächspartner die Zuversicht, dass Sie mit ihm eine Klärung und Lösung herbeiführen wollen. Teilen Sie ihm mit, dass Sie
sich deshalb schon einmal folgende Stichpunkte (kurz benennen) aufgeschrieben haben. Stellen Sie sich auch in Ihren sprachlichen Ausführungen auf
Ihren Gesprächspartner ein. Bedienen Sie seine Sprachmuster, indem Sie ähnliche Redewendungen wie Ihr Gesprächspartner benutzen.
Befindet er sich gerade oder bevorzugt im visuellen System (z.B. „Ich will das klar vor mir sehen“) antworten Sie ihm entsprechend, z.B.
„Sehen wir uns die Sache doch gemeinsam an und bringen Licht in das Dunkel“ statt: „Das hört sich gut an. Packen wir die Sache doch
gemeinsam an“. Das ausschließliche Ziel dieser Technik ist es, eine wirkliche Beziehung zu dem anderen herzustellen, ihn besser zu verstehen,
auf gleicher Wellenlänge zu schwingen - nicht aber ihn zu manipulieren!
4. Schritt: Lösung herbeiführen
Fassen Sie das Problem/Anliegen des Anrufers noch mal kurz zusammen. Stellen Sie mit gezielten Fragen sicher, dass Sie das Problem genau verstehen.
Entwickeln Sie gemeinsam mit dem Kunden eine Lösung („Was können wir tun, um...? Was halten Sie davon, wenn ich z.B. ...?“).
Holen Sie sich unbedingt für alle vorgeschlagenen Lösungsschritte das Feedback des Kunden ein, fragen Sie ihn, ob er damit einverstanden ist.
Verdeutlichen Sie Ihrem Gesprächspartner schließlich den Nutzen der gefundenen Lösung („Das bedeutet für Sie...“ , „Damit können
Sie dann..“).
5. Schritt: Positiver Abschluss und Ausblick
Bestätigen Sie abschließend die Vereinbarungen, die Sie und Ihr Gesprächspartner verbindlich getroffen haben. Zeigen Sie die nächsten Schritte auf
(„Ich werde veranlassen, dass... um ...Uhr melde ich mich wieder bei Ihnen. Sind Sie damit einverstanden?“)
Danken Sie Ihrem Gesprächspartner für seine offenen Worte („Ich freue mich, dass Sie angerufen haben. Durch Ihre Informationen habe ich
wichtige Hinweise bekommen, wo wir noch etwas verbessern müssen. Für den Ärger möchte ich mich nochmals entschuldigen“).