Kommunikation
Stimme und Sprechen –
Ein Trainingsprogramm für die Stimme
Sie haben ein wichtiges Gespräch oder einen Vortrag vor sich und wollen optimal vorbereitet sein? Die Inhalte und die Argumentationsstrategie sitzen, und jetzt gilt es "nur" noch den richtigen Ton zu treffen?
1. Haltung und Atmung
Grundlage des Sprechens und der Stimmerzeugung ist das Atmen. Mit der Ausatemluft versetzen wir die Stimmlippen in
Schwingungen, und dadurch entsteht ein Ton. Dabei kommt es vor allem auf einen gleichmäßigen und kontrollierten Luftstrom an, weniger auf
Kraft.
Finden Sie eine Position, in der Sie aufrecht und entspannt stehen bzw. sitzen. Stellen Sie sich vor, Ihr Kopf sei oben mit
einem Bindfaden befestigt, der ihn (den Kopf) im Gleichgewicht und aufrecht hält. Falls Sie stehen, stellen Sie Ihre Füße etwa schulterbreit und
gerade und schwingen mit Ihrem Körper leicht hin und her und vor und zurück, bis Sie sich wohl fühlen und einen stabilen Stand haben. Falls Sie
sitzen, achten Sie auf einen gerade Haltung des Oberkörpers, ohne jedoch zu verspannen. Die Schultern hängen entspannt. Atmen Sie ruhig und entspannt
in den Bauch hinein. Falls Sie sitzen, atmen Sie gegen die Rückenlehne im Bereich der Lendenwirbel. Strengen Sie sich nicht an, sondern nehmen Sie
Ihren natürlichen Atemrhythmus einfach nur wahr.
Nach einer Weile atmen Sie bei jedem 3. oder 4. Atemzug auf die Töne "ffff", "ssss" oder "sch" aus - gleichmäßig und ohne
Druck, mit dem normalen Atemstrom.
Sollten Sie irgendwo im Körper noch Verspannungen wahrnehmen, lassen Sie diese mit jedem Ausatmen los. (Bei hartnäckigen
Verspannungen empfiehlt sich ein regelmäßiges tägliches Entspannungsprogramm z.B. mit Autogenem Training, Progressiver Muskelentspannung nach
Jacobson, Tai Chi o.ä.)
2. Zwerchfell-"Gymnastik"
Das Zwerchfell ist unser größter Atemmuskel und damit für die schonende und effektive Stimmerzeugung von großer Bedeutung.
Das Zwerchfell ist nicht willkürlich zu beeinflussen, jedoch gibt es Übungen, mit denen wir die Elastizität und Kontrollierbarkeit fördern
können.
Atmen Sie wie bisher gleichmäßig und ohne Anstrengung in den Bauch hinein. Spielen Sie "Eisenbahn" und machen Sie
"sch-sch-sch-sch...". Dabei sollen Sie nicht jedes Mal einatmen, sondern das Zwerchfell hebt und senkt sich nach jedem "sch" automatisch ein wenig
und sorgt so für genügend Atemluft. Sie könnten diese Übung stundenlang machen, ohne einmal "richtig" Luft zu holen. Zum Aufwärmen genügen 2-3
Einheiten, solange bis Sie das Gefühl haben, dass diese Übung Ihnen mühelos gelingt.
3. Lockerung der Sprechwerkzeuge
Die von den Stimmbändern erzeugten Töne werden beim Sprechen von den Artikulationsorganen (Rachenraum, Zunge, Zähne, Lippen)
geformt, bevor sie als mehr oder weniger verständliche Laute unseren Mund verlassen. Daher ist es wichtig, auch diese Sprechwerkzeuge in eine gute
Form zu bringen, also aufzuwärmen und zu lockern. -
Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine leckere Speise im Mund und kauen diese genüsslich. Dabei dürfen Sie auch schmatzen und
Sie geben Laute des Wohlbefindens (mjam, mhm ...) von sich. Kauen Sie die Speise ausgiebig und sehr gründlich. Diese Kauübung dient zum Lockern der
Kiefermuskulatur, und Sie finden so ganz nebenbei Ihre optimale Sprechstimmlage, also die Stimmhöhe, bei der Sie mit der geringsten Anstrengung einen
optimalen Stimmklang erreichen. (Höher sollten Sie auf Dauer nicht sprechen!)
Für die Lippen eignet sich eine Übung, die Sie von schnaubenden Pferden kennen: Legen Sie die Lippen locker zusammen und
lassen Sie diese beim Ausatmen "flattern" (klingt wie ein Hubschrauber). Machen Sie diese Übung so lange, bis sie Ihnen mühelos gelingt.
4. Dehnung Rachenraum
Für die Lautstärke unseres Sprechens ist nicht nur der an den Stimmbändern erzeugte Ton verantwortlich; ganz entscheidend
ist, was über dem Kehlkopf passiert: Je größer der Resonanzraum, umso voller klingt die Stimme nach außen. Daher geht es jetzt darum, den Rachenraum
zu weiten.
Gäääähnen Sie ausgiebig! Dabei ist es wichtig, dass die Zungenspitze an den unteren Schneidezähnen liegt. (Wenn Sie bei den
anderen Übungen das Bedürfnis haben zu gähnen - nur zu! Aber immer Zungenspitze an die unteren Zähne!)
Noch mehr gedehnt wird der Rachenraum durch die folgende Übung (Achtung: möglichst nicht in Anwesenheit von Kunden und/oder
Chefs durchführen, der Gesichtsausdruck dabei wirkt eher unterdurchschnittlich intelligent!): Sie legen die Zunge wieder wie in der Gähnstellung an
die unteren Schneidezähne und öffnen den Mund wie zum Gähnen. Jetzt lassen Sie die Oberfläche der Zunge nach vorne schnellen, als wollten Sie einen
daraufliegenden Ball aus dem Mund schleudern. Die Zungenspitze bleibt an den Zähnen. Diese Übung machen Sie vier- bis achtmal. (Falls Ihnen diese
Übung am Anfang zu schwierig ist, lassen Sie sie weg - besser als sich dabei zu verspannen!)
5. Stimmbänder
Auch die Stimmbänder sind Muskeln, die also ebenfalls aufgewärmt werden wollen. Gerade morgens oder wenn wir längere Zeit
still waren, ist die Stimme oft "belegt" (d.h. Schleim auf den Stimmbändern) oder kippt (d.h. keine gleichmäßigen Schwingungen). Dagegen helfen
folgende kleine Übungen:
Brummen oder summen Sie leise und ohne Anstrengung auf "mmmm", "sss" oder "www" vor sich hin. (Auch hier achten Sie darauf,
in den Bauch zu atmen und zwischendurch ein bis zwei Atemzüge ohne Ton zu machen.) Wenn Sie das Gefühl haben, sich räuspern zu müssen - tun Sie´s
nicht, brummen Sie einfach leise weiter! Beim Räuspern schlagen die Stimmbänder sehr heftig aneinander, und der Schleim, der durch das Räuspern
entfernt werden soll, bildet sich wegen der Reizung schnell neu. Wenn Sie vorsichtig weiterbrummen, transportieren die Stimmbänder durch die
gleichmäßigen Schwingungen den Schleim ab und das belegte Gefühl lässt schnell nach.
Stimmjogging: Brummen oder summen Sie weiter und variieren Sie die Tonhöhe. Unterstützen Sie diese "Melodien" durch Hand-
und Körperbewegungen: Geht der Ton nach oben, bewegt sich auch die Hand entsprechend in Bögen oder Wellen. Beenden Sie eine Melodie immer mit einem
tiefen Ton.
6. So jetzt sind Sie warmgelaufen
Es geht zum Start. Und wie ein Sprinter sich die Startblöcke zurechtschraubt und die richtige Startposition findet, gibt es
auch für Sie letzte Vorbereitungen zu treffen:
AUF DIE PLÄTZE - Nehmen Sie eine entspannte und aufrechte Haltung ein, atmen Sie ein paar Mal tief
durch.
FERTIG - Legen Sie die Zungenspitze an die unteren Schneidezähne und dehnen Sie Ihren Rachenraum ein
letztes Mal durch die Gähnstellung bei geschlossenem Mund und - LOS!
Übrigens: Das beste Zwerchfelltraining ist immer noch ein herzhaftes Lachen!
VIEL SPASS!